In meiner Kinderzeit hatten wir bereits einen Farb-Fernseher und fortschrittliche zwei Fernsehprogramme, allerdings ohne Fernbedienung. Wer dachte damals schon an sowas!

Glückselige Zeiten waren das später, als an den Sonntag Nachmittagen, wenn die Erwachsenen sich bei Oma in der Wohnküche unterhielten, Pinocchio, Wickie und Barbapapa „kamen“. Als Betthupferl gab es „Barbapapa“ oder„Die Maus auf dem Mars“. „Dalli Dalli“ oder „Wetten dass …“ sah die ganze Familie am Samstag Abend, mit Chips und Saft und wir im Pyjama.

Fernseher-Testbild früher
Wikimedia Commons

Ja, wir durften fernsehen. Wenn wir als Kinder „Zeit hatten“, kam aber meistens nichts. Einfach nur das Testbild. Nachmittags gab es nur das sogenannte „Schlechtwetterprogramm“, wenn es in Wien regnete oder schneite. Aber wie sollten wir Kinder wissen, wie das Wetter in Wien ist? Außerdem spielte sich „das Leben“ draußen ab. Fernsehen also: wenn, dann kurz, und am Abend. Um 20h mussten wir ins Bett (außer, die Eltern gingen aus: Dann sahen wir heimlich „Drei Engel für Charlie“, während einer am Fenster Schmiere stand. Abwechselnd im Zehnminutentakt, Inhaltsangabe kurz und prägnant mündlich beim Schichtwechsel).

Ich habe heute Mitleid mit Gleichaltrigen, die die Kennmelodien von Flipper, Wickie, Biene Maja, Maus auf dem Mars – und wie sie alle hießen – nicht mitsingen können, weil sie als Kinder nicht fernsehen durften: das halte ich für eine Bildungslücke. Fernsehen muss, in Maßen, schon sein.

Heute allerdings heißt es „Programm 24/7“: Kinderprogramm auf mehreren Sendern und bei vielen Anbietern rund um die Uhr. Meine Kinder bezeichnen ihre Lieblingsbeschäftigung mit „fernsehen“ – obwohl sie nur gezählte Sendungen oder Serien nennen können, die sie regelmäßig sehen.

Sie scheinen aber froh um jede Minute, die sie sich selbst ab- und den Fernseher einschalten.
Und mich hat das natürlich beschäftigt:

Wie kann ich heute meinen Kindern beibringen, dass Fernsehen nicht die einzig mögliche Beschäftigung für die Freizeit ist?

Eigene Erfahrung und ein Studienstreifer „Medienpädagogik“ halfen mir zu meinem Plan:

  • Die Kinder dürfen sich täglich eine halbstündige Serie, der sie folgen und die wir alle gut finden, ansehen. Vorher müssen aber einige „Aufgaben“ erledigt sein: die Hausübungen fertig und kontrolliert, die Schultasche gepackt, der aufgetragene Lernstoff gelernt, das Instrument geübt, und kleinere Haushaltsaufgaben, die „ihre“ sind, erledigt. Die Kinder ziehen vor Beginn der Fernsehzeit ihr Pyjama an, weil´s danach direkt ins Bett geht. Wenn die Folge fertig ist, schalten sie den Fernseher aus – freiwillig und selbst, und das muss funktionieren.
  • Zusätzlich bekommen die Kinder ein „Tagesbudget“ von einer weiteren halben Stunde für „Medienkonsum“, das sie sich frei einteilen können: fernsehen, oder auch auf der Spielkonsole oder auf Gameboys, Computern oder Handys spielen (Online-Hausübungen zählen hier natürlich nicht).
  • Reicht ihnen die  Zeit nicht (z.B. weil sie chatten wollen, oder ein neues Spiel sie -sprichwörtlich?- gefangennimmt), können sie „einkaufen“. Mit Lesen oder im-Freien-Spielen sammeln sie Zeit, die sie dann 1:1 gegen Medienzeit eintauschen können (eine Stunde Spielen im Freien – dafür eine Stunde Computer spielen oder fernsehen). Aber sie müssen ZUERST lesen oder im Freien spielen, DANN Medien nutzen.
  • Aufgebautes Medienzeit-Guthaben verfällt am Ende des Tages (z.B. wenn es ihnen draußen so gefällt, dass sie gar nicht mehr fernsehen können, weil sie so spät heimkommen. Oder wenn Besuch kommt, mit dem sie doch lieber „richtige“ anstatt digitale Spiele spielen).
  • Wenn Besuch da ist, wird grundsätzlich nicht ferngesehen– außer, man hat explizit zu einem Film eingeladen.

Das funktioniert.

Regeln für Bildschirmzeit zum Downloaden und Bearbeiten

Hier können Sie die Bildschirmzeit-Regeln in einem offen bearbeitbaren Word-Dokument downloaden und nach Belieben verändern.

Und auch, wenn Sie oder die Kinder das eine oder andere Mal Zeiten „übersehen“ oder einmal für eine Zeitlang die Zügel lockerer werden – bist man sie wieder einmal bespricht und von Neuem beschließt, sich wieder daran zu halten:
Das Bewusstsein ist geschaffen, dass die Zeit vor dem Bildschirm eingeteilt gehört.

 

Bildquellen:

Testbild: Wikimedia Commons, das freie Medienarchiv

 

„Dürfen wir fernsehen?“
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Minds are like parachutes. They only function when they are open.”
Sir James Dewar, Wissenschaftler (1877-1925)
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